Im Lichte der Wahrheit

Ausschnitte aus Gralsbotschaft von Abdrushin

Zum Geleite!

Zum Geleite!

Die Binde fällt und Glaube wird zur Überzeugung. Nur in der Überzeugung liegt Befreiung und
Erlösung!

Ich spreche nur zu denen, welche ernsthaft suchen. Sie müssen fähig und gewillt sein,
sachlich dieses Sachliche zu prüfen! Religiöse Fanatiker und haltlose Schwärmer mögen ferne
davon bleiben; denn sie sind der Wahrheit schädlich. Böswillige aber und die Unsachlichen
sollen in den Worten selbst ihr Urteil finden.

Die Botschaft wird nur solche treffen, die einen Funken Wahrheit offen in sich tragen und
die Sehnsucht, wirklich Mensch zu sein. Allen denen wird sie auch zur Leuchte und zum Stab.
Ohne Umwege führt sie heraus aus allem Chaos jetziger Verwirrung.

Das nachstehende Wort bringt nicht eine neue Religion, sondern es soll die Fackel sein für
alle ernsten Hörer oder Leser, um damit den rechten Weg zu finden, der sie zur ersehnten Höhe
führt.

Nur wer sich selbst bewegt, kann geistig vorwärts kommen. Der Tor, der sich dazu in Form
fertiger Anschauungen fremder Hilfsmittel bedient, geht seinen Pfad nur wie auf Krücken,
während die gesunden eignen Glieder dafür ausgeschaltet sind.

Sobald er aber alle Fähigkeiten, welche in ihm seines Rufes harrend schlummern, kühn als
Rüstzeug zu dem Aufstiege verwendet, nützt er das ihm anvertraute Pfund nach seines Schöpfers
Willen, und wird alle Hindernisse spielend überwinden, die ablenkend seinen Weg durchkreuzen
wollen.

Deshalb erwacht! Nur in der Überzeugung ruht der rechte Glaube, und Überzeugung kommt
allein durch rücksichtsloses Abwägen und Prüfen! Steht als Lebendige in Eures Gottes
wundervoller Schöpfung!

Abdruschin

Was sucht Ihr?

Was sucht Ihr?

Was sucht Ihr? Sagt, was soll das ungestüme Drängen? Wie ein Brausen geht es durch die Welt,
und eine Sturmflut Bücher überschüttet alle Völker. Gelehrte graben in den alten Schriften,
forschen, grübeln bis zu geistiger Ermattung. Propheten tauchen auf, zu warnen, zu verheißen...
von allen Seiten will man plötzlich wie im Fieber neues Licht verbreiten!

So tobt es zurzeit über die durchwühlte Menschheitsseele hin, nicht labend und erquickend,
sondern sengend, zehrend, saugend an der letzten Kraft, die der Zerrissenen in dieser Düsterheit
der Gegenwart noch blieb.

Auch regt sich hier und da ein Flüstern, Raunen, von wachsender Erwartung irgend etwas
Kommendem. Unruhig ist ein jeder Nerv, gespannt von unbewußtem Sehnen. Es wallt und wogt
und über allem lagert düster brütend eine Art Betäubung. Unheilschwanger. Was muß sie
gebären? Verwirrung, Kleinmut und Verderben, wenn nicht kraftvoll die dunkle Schicht zerrissen
wird, die geistig jetzt den Erdenball umhüllt, die mit der weichen Zähigkeit des schmutzigen
Morastes jeden aufsteigenden freien Lichtgedanken aufnimmt und erstickt, bevor er stark
geworden ist, die mit dem unheimlichen Schweigen eines Sumpfes jedes gute Wollen schon im
Keime unterdrückt, zersetzt, vernichtet, ehe eine Tat daraus erstehen kann.

Der Schrei der Suchenden nach Licht aber, der Kraft birgt, um den Schlamm zu spalten, er
wird abgeleitet, verhallt an einem undurchdringlichen Gewölbe, das gerade die mit Fleiß
errichten, die zu helfen wähnen: Sie bieten Steine statt des Brotes!

Seht Euch die unzähligen Bücher an:

Der Menschengeist wird durch sie nur ermüdet, nicht belebt! Und das ist der Beweis der
Unfruchtbarkeit alles Dargebotenen. Denn was den Geist ermüdet, ist niemals das Rechte.

Geistiges Brot erfrischt unmittelbar, Wahrheit erquickt, und Licht belebt!

Einfache Menschen müssen doch verzagen, wenn sie sehen, welche Mauern um das Jenseits
durch die sogenannte Geisteswissenschaft errichtet werden. Wer von den Einfachen soll die
gelehrten Sätze, wer die fremden Ausdrucksweisen fassen? Soll denn das Jenseits nur für
Geisteswissenschaftler gelten?

Man spricht dabei von Gott! Soll eine Hochschule errichtet werden, um darin erst die
Fähigkeiten zu erlangen, den Begriff der Gottheit zu erkennen? Wohin treibt diese Sucht, die zu
dem größten Teile nur im Ehrgeiz wurzelt?

Wie Trunkene taumeln die Leser und die Hörer von der einen Stelle zu der anderen,
unsicher, unfrei in sich selbst, einseitig, da sie von dem schlichten Wege abgeleitet wurden.

Hört es, Verzagende! Schaut auf, Ihr ernsthaft Suchenden: Der Weg zum Höchsten liegt
bereit vor jedem Menschen! Gelehrsamkeit ist nicht das Tor dazu!

Wählte Christus Jesus, dieses große Vorbild auf dem wahren Weg zum Lichte, seine Jünger
unter den gelehrten Pharisäern? Unter Schriftenforschern? Er nahm sie aus der Schlichtheit und
der Einfachheit heraus, weil sie nicht anzukämpfen hatten gegen diesen großen Irrtum, daß der
Weg zum Licht mühselig zu erlernen ist und schwer sein muß.

Dieser Gedanke ist der größte Feind des Menschen, er ist Lüge!

Deshalb zurück von aller Wissenschaftlerei, dort, wo es um das Heiligste im Menschen geht,
das voll erfaßt sein will! Laßt ab, weil Wissenschaft als Machwerk menschlichen Gehirnes
Stückwerk ist und Stückwerk bleiben muß.

Bedenkt, wie sollte mühselig erlernte Wissenschaft zur Gottheit führen? Was ist denn Wissen
überhaupt? Wissen ist, was das Gehirn begreifen kann. Wie eng begrenzt ist aber das
Begriffsvermögen des Gehirns, das fest an Raum und Zeit gebunden bleibt. Schon Ewigkeit und
den Sinn für Unendlichkeit vermag ein menschliches Gehirn nicht zu erfassen. Gerade das, was
mit der Gottheit untrennbar verbunden ist. Still aber stehet das Gehirn vor jener unfaßbaren Kraft,
die alles Seiende durchströmt, aus der es selbst sein Wirken schöpft. Die Kraft, die alle täglich,
stündlich, jeden Augenblick empfinden als etwas Selbstverständliches, die auch die Wissenschaft
stets als bestehend anerkannte und die man doch mit dem Gehirn, also dem Wissen und Verstand
vergebens zu erfassen, zu begreifen sucht.

So mangelhaft ist nun die Tätigkeit eines Gehirns, des Grundsteines und Werkzeuges der
Wissenschaft, und die Beschränkung zieht sich nun naturgemäß auch durch die Werke, die es
baut, also durch alle Wissenschaften selbst. Deshalb ist Wissenschaft wohl gut für Nachfolge,
zum besseren Verstehen, Einteilen und Ordnen alles dessen, was sie von der vorangehenden
Schöpfungskraft fertig empfängt, doch sie muß unbedingt versagen, wenn sie sich selbst zur
Führerschaft oder Kritik aufwerfen will, solange sie sich wie bisher so fest an den Verstand, also
an das Begriffsvermögen des Gehirnes bindet.

Aus diesem Grunde bleibt Gelehrsamkeit, und auch die Menschheit, die sich darnach richtet,
stets an Einzelheiten hängen, während jeder Mensch das große, unfaßbare Ganze als Geschenk in
sich trägt, vollauf befähigt, ohne mühsames Erlernen das Edelste und Höchste zu erreichen!

Deshalb hinweg mit dieser unnötigen Folter einer Geistes-sklaverei! Der große Meister ruft
uns nicht umsonst entgegen: Werdet wie die Kinder!

Wer in sich festes Wollen zu dem Guten trägt und sich bemüht, seinen Gedanken Reinheit zu
verleihen, der hat den Weg zum Höchsten schon gefunden! Ihm wird dann alles andere zuteil.
Dazu bedarf es weder Bücher noch geistiger Anstrengung, weder einer Bußübung noch
Vereinsamung. Er wird gesund an Körper und an Seele, befreit von allem Druck krankhafter
Grübelei; denn jede Übertreibung schadet. Menschen sollt Ihr sein, nicht Treibhauspflanzen, die
durch einseitige Ausbildung dem ersten Windhauche erliegen!

Wacht auf! Seht um Euch! Höret in Euch! Das allein vermag den Weg zu öffnen!

Achtet nicht auf Streit der Kirchen. Der große Wahrheitsbringer Christus Jesus, die
Verkörperung göttlicher Liebe, fragte nicht nach Konfession. Was sind die Konfessionen heute
überhaupt? Bindung des freien Menschengeistes, Versklavung des in Euch wohnenden
Gottesfunkens; Dogmen *(Kirchenlehren), die das Werk des Schöpfers und auch dessen große
Liebe einzuengen suchen in von Menschensinn gepreßte Formen, was Herabzerrung des
Göttlichen bedeutet, planmäßige Entwertung. Jeden ernsthaft Suchenden stößt diese Art zurück,
da er in sich niemals die große Wirklichkeit dabei erleben kann, wodurch sein Sehnen nach der
Wahrheit immer hoffnungsloser wird und er zuletzt an sich und an der Welt verzweifelt! Deshalb
wachet auf! Zertrümmert in Euch dogmatische Mauern, reißt die Binde ab, damit das reine Licht
des Höchsten unverstümmelt zu Euch dringen kann. Aufjauchzend wird dann Euer Geist sich in
die Höhe schwingen, jubelnd all die große Vaterliebe fühlen, die keine Grenzen irdischen
Verstandes kennt. Ihr wißt endlich, Ihr seid ein Stück von ihr, erfaßt sie mühelos und ganz,
vereint Euch mit ihr und gewinnt so täglich, stündlich neue Kraft als ein Geschenk, das Euch den
Aufstieg aus dem Wirrwarr selbstverständlich macht!

Erwachet!

Erwachet!

Erwachet, Ihr Menschen, aus bleiernem Schlaf! Erkennt die unwürdige Bürde, die Ihr tragt, die
mit unsagbar zähem Druck auf Millionen Menschen lastet. Werft sie ab! Ist sie des Tragens wert?
Nicht eine einzige Sekunde!

Was birgt Sie? Leere Spreu, die vor dem Hauch der Wahrheit scheu zerflattert. Ihr habt die
Zeit und Kraft für nichts vergeudet. Deshalb sprengt die Ketten, die Euch niederhalten, macht
Euch endlich frei!

Der Mensch, der innerlich gebunden bleibt, wird ewig Sklave sein, auch wenn er König
wäre.

Ihr bindet Euch mit allem, was Ihr zu erlernen trachtet. Überlegt: Mit dem Erlernen zwängt
Ihr Euch stets in fremde Formen, die andere erdachten, schließt Euch willig einer fremden
Überzeugung an, macht Euch nur das zu eigen, was andere in sich, für sich erlebten. Bedenket:
Eins ist nicht für Alle! Was dem einen nützet, kann dem andern schaden. Jeder einzelne hat
seinen eigenen Weg zu der Vervollkommnung zu gehen. Sein Rüstzeug dazu sind die
Fähigkeiten, die er in sich trägt. Nach denen hat er sich zu richten, auf denen aufzubauen! Tut er
das nicht, bleibt er ein Fremder in sich selbst, wird immer neben dem Gelernten stehen, das nie in
ihm lebendig werden kann. Jeder Gewinn für ihn ist damit ausgeschlossen. Er vegetiert, ein
Fortschritt ist unmöglich.

Merkt auf, die Ihr ernsthaft nach Licht und Wahrheit strebt:

Den Weg zum Licht muß jeder einzelne in sich erleben, er muß ihn selbst entdecken, wenn er
sicher darauf wandeln will. Nur was der Mensch in sich erlebt, mit allen Wandlungen empfindet,
hat er voll erfaßt!

Das Leid und auch die Freude pochen dauernd an, um zu ermuntern, aufzurütteln zu einem
geistigen Erwachen. Sekundenlang wird dann der Mensch dabei sehr oft gelöst von jeder
Nichtigkeit des Alltagslebens, und fühlt im Glücke wie im Schmerze ahnungsvoll Verbindung
mit dem Geist, der alles Lebende durchströmt.

Und alles ist ja Leben, nichts ist tot! Wohl dem, der solche Augenblicke der Verbindung faßt
und hält, sich daran aufwärts schwingt. Er darf sich dabei nicht an starre Formen halten, sondern
jeder soll sich selbst entwickeln, aus seinem Innern heraus.

Habt Mitleid mit den Spöttern und allen denen, die dem Geistesleben noch entfremdet sind.
Zürnt ihnen nicht, wenn sie sarkastisch werden; denn diese sind nur zu bedauern. Wie Trunkene,
wie Kranke stehn sie vor dem großen Schöpfungswerke, das uns so viel bietet. Wie Blinde, die
sich tastend durch das Erdendasein schieben und all die Herrlichkeit um sich nicht sehen!

Die Ärmsten sind verwirrt, sie schlafen; denn wie kann ein Mensch zum Beispiel noch
behaupten, daß nur das ist, was er sieht? Daß dort, wo er mit seinen Augen nichts bemerken kann,
kein Leben ist? Daß mit dem Sterben seines Körpers auch er selbst aufhört zu sein, nur weil er
sich bisher in seiner Blindheit durch sein Auge nicht vom Gegenteile überzeugen konnte? Weiß
er nicht schon von vielen Dingen jetzt, wie eng begrenzt die Fähigkeit des Auges ist? Weiß er
noch nicht, daß sie mit der an Raum und Zeit gebundenen Fähigkeit seines Gehirns
zusammenhängt? Daß er aus diesem Grunde alles, was sich über Raum und Zeit erhebt, mit
seinem Auge nicht erkennen kann? Wurde noch keinem dieser Spötter solche logische
Verstandsbegründung klar? Das Geistesleben, nennen wir es auch das Jenseits, ist doch nur

etwas, das völlig über der irdischen Raum- und Zeiteinteilung steht, das also einen gleichartigen
Weg benötigt, erkannt zu werden.

Doch unser Auge sieht nicht einmal das, was sich in Raum und Zeit einteilen läßt. Man
denke an den Wassertropfen, von dessen unbedingter Reinheit jedes Auge zeugt und der, durch
ein verschärftes Glas betrachtet, Millionen Lebewesen birgt, die sich darin erbarmungslos
bekämpfen und vernichten. Sind nicht manchmal Bazillen in dem Wasser, in der Luft, die Kraft
besitzen, Menschenkörper zu zerstören, und die dem Auge nicht erkennbar sind? Sie werden aber
sichtbar durch die scharfen Instrumente. Wer will es daraufhin noch wagen zu behaupten, daß Ihr
nichts Neues, jetzt noch Unbekanntes schaut, sobald Ihr diese Instrumente mehr verschärft?
Verschärft sie tausendfach, millionenfach, das Schauen wird deshalb kein Ende finden, sondern
immer neue Welten werden sich vor Euch erschließen, die Ihr vorher nicht sehen konntet, auch
nicht fühlen, doch waren sie vorhanden. Logisches Denken bringt die gleichen Folgerungen auch
auf alles, was die Wissenschaften bisher sammeln konnten. Es gibt Ausblick auf dauernde
Fortentwicklung, doch niemals auf ein Ende.

Was ist nun das Jenseits? Viele werden an dem Worte irre. Jenseits ist einfach alles das, was
sich mit irdischen Hilfsmitteln nicht erkennen läßt. Irdische Hilfsmittel aber sind Augen, das
Gehirn, und alles andere des Körpers, ebenso Instrumente, die den Teilen helfen, ihre Tätigkeit
noch schärfer und genauer auszuüben, sie weiter auszudehnen. Man könnte also sagen: das
Jenseits ist, was jenseits der Erkennungsfähigkeit unserer körperlichen Augen ist. Eine Trennung
aber zwischen Dies- und Jenseits gibt es nicht! Auch keine Kluft! Es ist alles einheitlich, wie die
gesamte Schöpfung. Eine Kraft durchströmt das Diesseits wie das Jenseits, alles lebt und wirkt
von diesem einen Lebensstrom, und ist dadurch ganz untrennbar verbunden. Daraus wird
folgendes verständlich. Wenn ein Teil davon krankt, muß sich die Wirkung in dem anderen Teile
fühlbar machen, wie bei einem Körper. Kranke Stoffe dieses anderen Teiles strömen dann zu
dem erkrankten über durch die Anziehung der Gleichart, die Krankheit dadurch noch mehr
verstärkend. Wird nun solche Krankheit aber unheilbar, so fließt daraus der notwendige Zwang,
das kranke Glied gewaltsam abzustoßen, wenn nicht das Ganze dauernd leiden soll. Und die
Gefahr bedingt gesunde Wechselwirkung, welche durch falsche Einstellung erschwert, manchmal
undenkbar ist.

Aus diesem Grunde stellt Euch um. Es gibt kein Dies- und Jenseits, sondern nur ein
einheitliches Sein! Den Begriff der Trennung hat allein der Mensch erfunden, weil er nicht alles
sehen kann und sich als Mittelpunkt und Hauptpunkt der ihm sichtbaren Umgebung dünkt. Doch
sein Wirkungskreis ist größer. Mit dem Trennungsirrtum aber schränkt er sich nur ein,
gewaltsam, hindert seinen Fortschritt, und gibt Raum der zügellosen Phantasie, die
ungeheuerliche Bilder bringt. Ist es dann überraschend, wenn als Folge viele nur ein ungläubiges
Lächeln haben, andere krankhafte Anbetung, die sklavisch wird oder zu Fanatismus ausartet?
Wer kann da noch erstaunen über scheue Furcht, ja Angst und Schrecken, die bei manchen
großgezogen werden? Fort mit allem! Weshalb diese Quälerei? Stürzt diese Schranke, die der
Menschen Irrtum aufzurichten suchte, die jedoch niemals bestand! Die bisher falsche Einstellung
gibt Euch auch eine falsche Grundlage, auf der Ihr Euch umsonst bemüht, den wahren Glauben,
also innere Überzeugung, ohne Ende aufzubauen. Ihr stoßt dabei auf Punkte, Klippen, die Euch
wankend machen müssen, zweifelnd, oder zwingen, den ganzen Bau selbst wieder zu
zertrümmern, um dann vielleicht verzagend oder grollend alles aufzugeben. Den Schaden habt
Ihr dabei ganz allein, weil es für Euch kein Vorwärtskommen, sondern Stehenbleiben oder
Rückwärtsschreiten ist. Der Weg, den Ihr doch einmal gehen müßt, wird Euch dadurch
verlängert.

Habt Ihr endlich die Schöpfung als ein Ganzes aufgefaßt, wie sie es ist, macht keine
Trennung zwischen Dies- und Jenseits, dann habt Ihr den geraden Weg, das eigentliche Ziel rückt
näher, und der Aufstieg macht Euch Freude, gibt Genugtuung. Ihr könnt dann auch die
Wechselwirkungen viel besser fühlen und verstehen, die durch das Ganze, Einheitliche
lebenswarm pulsieren, weil alles Wirken von der einen Kraft getrieben und gehalten wird. Das
Licht der Wahrheit bricht Euch damit an!

Ihr werdet bald erkennen, daß bei vielen nur Bequemlichkeit und Trägheit Ursache von
Spöttereien ist, nur weil es Mühe kosten würde, bisher Gelerntes und Gedachtes umzustoßen und
ein Neues aufzubauen. Anderen greift es in die gewohnte Lebensführung ein, wird ihnen deshalb
unbequem. Laßt solche, streitet nicht, doch bietet hilfreich Euer Wissen denen, die mit
vergänglichen Genüssen nicht zufrieden sind, die mehr im Erdendasein suchen, als den Tieren
gleich nur ihren Leib zu füllen. Gebt denen die Erkenntnis, die Euch wird, vergrabt dann nicht
das Pfund; denn mit dem Geben wird auch wechselwirkend Euer Wissen reicher, stärker.

Im Weltall wirkt ein ewiges Gesetz: Daß nur im Geben auch empfangen werden kann, wenn
es um Werte geht, die bleibend sind! Das greift so tief, durchzieht die ganze Schöpfung wie ein
heiliges Vermächtnis seines Schöpfers. Selbstlos geben, helfen, wo es not tut, und Verständnis
haben für das Leid des Nächsten wie für dessen Schwächen, heißt empfangen, weil es der
schlichte, wahre Weg zum Höchsten ist!

Und dieses ernsthaft wollen, bringt Euch sofort Hilfe, Kraft! Ein einziger, ehrlich und tief
empfundener Wunsch zum Guten, und wie mit einem Flammenschwert wird von der anderen
Euch jetzt noch unsichtbaren Seite schon die Wand zerschnitten, die Euere Gedanken bisher
selbst als Hindernis errichtet hatten; denn Ihr seid ja eins mit dem von Euch gefürchteten,
geleugneten oder ersehnten Jenseits, seid mit ihm eng und unlösbar verbunden.

Versucht es; denn Eure Gedanken sind die Boten, die Ihr ausschickt, die mit dem von Euch
Gedachten schwer beladen wiederkehren, sei es nun Gutes oder Böses. Es geschieht. Denket
daran, daß Euere Gedanken Dinge sind, sich geistig formen, oft zu Gebilden werden, die das
Erdenleben Eueres Körpers überdauern, dann wird Euch vieles klar. So kommt es auch, daß es
ganz richtig heißt: Denn ihre Werke folgen ihnen nach! Gedankenschöpfungen sind Werke, die
Euch einst erwarten! Die lichte oder dunkle Ringe um Euch bilden, die Ihr durchwandern müßt,
um in die Geisteswelt zu dringen. Kein Schutz, kein Eingriff kann da helfen, weil Ihr die
Selbstbestimmung habt. Der erste Schritt zu allem muß deshalb von Euch geschehen. Er ist nicht
schwer, er liegt nur in dem Wollen, das sich durch Gedanken kündet. So tragt Ihr Himmel wie die
Hölle in Euch selbst.

Entscheiden könnt Ihr, doch den Folgen Euerer Gedanken, Eures Wollens seid Ihr dann
bedingungslos verfallen! Ihr schafft sie selbst, die Folgen, deshalb rufe ich Euch zu: Haltet den
Herd Eurer Gedanken rein, Ihr stiftet damit Frieden und seid glücklich!

Vergeßt nicht, daß ein jeder der Gedanken, von Euch erzeugt und ausgeschickt, auf seinem
Wege alle Gleichart anzieht, oder anderen anhaftet, dadurch stärker, immer stärker wird, und
zuletzt auch ein Ziel trifft, ein Gehirn, das vielleicht nur sekundenlang sich einmal selbst vergißt
und damit solchen schwebenden Gedankenformen Raum gibt, einzudringen und zu wirken.
Denkt nur daran, welche Verantwortung dann auf Euch fällt, wenn der Gedanke einst zur Tat
ersteht, durch irgendwen, auf den er wirken konnte! Diese Verantwortung löst sich schon dadurch
aus, daß jeder einzelne Gedanke dauernd Verbindung mit Euch hält, gerade wie durch einen
unreißbaren Faden, um dann zurückzukehren mit der unterwegs erlangten Kraft, um Euch selbst
wieder zu belasten oder zu beglücken, je nach der Art, die Ihr erzeugtet.

So stehen wir in der Gedankenwelt, und geben mit der jeweiligen Denkungsart auch Raum
den dieser ähnlichen Gedankenformen. Deshalb vergeudet nicht die Kraft des Denkens, sondern
sammelt sie zur Abwehr und zum scharfen Denken, das den Speeren gleich hinausgeht und auf
alles wirkt. Schafft so aus Eueren Gedanken den heiligen Speer, der für das Gute kämpft, der
Wunden heilt und die gesamte Schöpfung fördert!

Zum Handeln und zum Vorwärtsschreiten stellt deshalb das Denken darauf ein! Um das zu
tun, müßt Ihr an manche Säule rütteln, die althergebrachte Anschauungen trägt. Oft ist es ein
Begriff, der falsch erfaßt, den wahren Weg nicht finden läßt. Er muß zurück zu dem Punkt, wo er
ausgegangen ist. Ein Lichtblick stürzt den ganzen Bau, den er Jahrzehnte hindurch mühevoll
errichtet hat, und er geht dann nach kurzer oder längerer Betäubung wieder neu ans Werk! Er
muß, da es im Weltall keinen Stillstand gibt. Nehmen wir zum Beispiel den Begriff der Zeit:

Die Zeit vergeht! Die Zeiten ändern sich! So hört man überall die Menschen sagen, und
unwillkürlich taucht dabei ein Bild im Geiste auf: Wir sehen Zeiten wechselvoll an uns
vorüberziehen!

Dieses Bild wird zur Gewohnheit und legt auch bei vielen damit einen festen Grund, auf dem
sie weiter bauen, ihr ganzes Forschen, Grübeln darnach richten. Nicht lange währt es aber, bis sie
dann auf Hindernisse stoßen, die im Widerspruche miteinander stehen. Es will mit bestem Willen
nicht mehr alles passen. Sie verlieren sich und lassen Lücken, die trotz allen Grübelns nicht mehr
auszufüllen gehen. So mancher Mensch wähnt dann, an solchen Stellen muß der Glaube als
Ersatz genommen werden, wenn logisches Denken keinen Anhalt findet. Das ist aber falsch! Der
Mensch soll nicht an Dinge glauben, die er nicht begreifen kann! Er muß sie suchen zu verstehen;
denn sonst reißt er das Tor für Irrungen weit auf, und mit den Irrungen wird auch die Wahrheit
stets entwertet.

Glauben, ohne zu begreifen, ist nur Trägheit, Denkfaulheit! Das führt den Geist nicht
aufwärts, sondern drückt ihn nieder. Deshalb empor den Blick, wir sollen prüfen, forschen. Der
Drang dazu liegt nicht umsonst in uns.

Die Zeit! Vergeht sie wirklich? Weshalb stößt man bei dem Grundsatze auf Hindernisse,
wenn man dabei weiter denken will? Sehr einfach, weil der Grundgedanke falsch ist; denn die
Zeit steht still! Wir aber eilen ihr entgegen! Wir stürmen in die Zeit, die ewig ist, und suchen
darin nach der Wahrheit. Die Zeit steht still. Sie bleibt dieselbe, heute, gestern, und in tausend
Jahren! Nur die Formen ändern sich. Wir tauchen in die Zeit, um aus dem Schoße ihrer
Aufzeichnung zu schöpfen, um unser Wissen in den Sammlungen der Zeit zu fördern! Denn
nichts ging ihr verloren, alles hat sie aufbewahrt. Sie hat sich nicht geändert, weil sie ewig ist.
Auch Du, o Mensch, bist immer nur derselbe, ob Du nun jung erscheinst oder als Greis! Du
bleibst der, der Du bist! Hast Du das nicht schon selbst gefühlt? Merkst Du nicht deutlich einen
Unterschied zwischen der Form und Deinem „Ich.? Zwischen dem Körper, der Veränderungen
unterworfen ist, und Dir, dem Geist, der ewig ist?

Ihr sucht die Wahrheit! Was ist Wahrheit? Was Ihr heute noch als Wahrheit fühlt, werdet Ihr
morgen schon als Irrtümer erkennen, um in den Irrtümern dann später wieder Wahrheitskörner zu
entdecken! Denn auch die Offenbarungen verändern ihre Formen. So geht es für Euch fort mit
unentwegtem Suchen, doch in dem Wechsel werdet Ihr gereift!

Die Wahrheit aber bleibt sich immer gleich, sie wechselt nicht; denn sie ist ewig! Und da sie
ewig ist, wird sie mit irdischen Sinnen, die nur Formenwechsel kennen, nie rein und wirklich zu
erfassen sein! Deshalb werdet geistig! Frei von allen irdischen Gedanken, und Ihr habt die
Wahrheit, werdet in der Wahrheit sein, um Euch, von ihrem reinen Lichte dauernd überstrahlt,
darin zu baden; denn sie umgibt Euch ganz. Ihr schwimmt darin, sobald Ihr geistig werdet.

Dann braucht Ihr nicht mehr Wissenschaften mühsam lernen, braucht keine Irrtümer zu
fürchten, sondern habt auf jede Frage schon die Antwort in der Wahrheit selbst, noch mehr, Ihr
habt dann keine Fragen mehr, weil Ihr, ohne zu denken, alles wißt, alles umfaßt, weil Euer Geist
in reinem Lichte, in der Wahrheit lebt!

Drum werdet geistig frei! Sprengt alle Banden, die Euch niederhalten! Wenn dabei
Hindernisse kommen, jauchzt ihnen froh entgegen; denn sie bedeuten Euch den Weg zur Freiheit
und zur Kraft! Betrachtet sie als ein Geschenk, aus dem Euch Vorteile erwachsen, und spielend
werdet Ihr sie überwinden.

Entweder werden sie Euch vorgeschoben, damit Ihr daran lernt und Euch entwickelt,
wodurch Ihr Euer Rüstzeug zu dem Aufstiege vermehrt, oder es sind Rückwirkungen von einer
Verschuldung, die Ihr damit lösen und von der Ihr Euch befreien könnt. In beiden Fällen
bringen sie Euch vorwärts. Deshalb frisch hindurch, es ist zu Eurem Heile!

Torheit ist es, von Schicksalsschlägen oder Prüfungen zu sprechen. Fortschritt ist jeder
Kampf und jedes Leid. Den Menschen wird damit Gelegenheit geboten, Schatten früherer
Verfehlungen zu löschen; denn kein Heller kann dem Einzelnen davon erlassen werden, weil der
Kreislauf ewiger Gesetze auch darüber in dem Weltall unverrückbar ist, in denen sich der
schöpferische Vaterwille offenbart, der uns damit vergibt und alles Dunkle löscht.

Die kleinste Abweichung davon müßte die Welt in Trümmer stürzen, so klar ist alles
eingerichtet und so weise.

Wer aber nun sehr viel von früher auszugleichen hat, muß dieser Mensch dann nicht
verzagen, wird ihm nicht grauen vor der Ablösung der Schulden?

Er kann getrost und froh damit beginnen, kann ohne Sorge sein, sobald er ehrlich will! Denn
ein Ausgleich kann geschaffen werden durch die Gegenströmung einer Kraft des guten Wollens,
die im Geistigen gleich anderen Gedankenformen lebendig und zu starker Waffe wird, fähig, jede
Last des Dunkels, jede Schwere abzustreifen und das „Ich. dem Lichte zuzuführen!

Kraft des Wollens! Eine von so vielen ungeahnte Macht, die wie ein nie versagender Magnet
die gleichen Kräfte an sich zieht, um damit lawinenartig anzuwachsen, und vereinigt mit ihr
geistig ähnlichen Gewalten rückwärts wirkt, den Ausgangspunkt wieder erreicht, also den
Ursprung oder besser den Erzeuger trifft, und diesen hoch empor hebt zu dem Lichte oder tiefer
hinabdrückt in den Schlamm und Schmutz! Je nach der Art, wie es der Urheber erst selbst
gewollt. Wer diese stete, sicher eintreffende Wechselwirkung kennt, die in der ganzen Schöpfung
liegt, die sich mit unverrückbarer Gewißheit auslöst und entfaltet, weiß sie zu benützen, muß sie
lieben, muß sie fürchten! Diesem belebt sich nach und nach die unsichtbare Welt um ihn; denn er
fühlt ihre Wirkungen mit einer Deutlichkeit, die jeden Zweifel löst. Er muß die starken Wellen
der rastlosen Tätigkeit empfinden, die auf ihn wirken aus dem großen All, sobald er nur ein
wenig darauf achtet, und fühlt zuletzt, daß er den Brennpunkt starker Strömungen abgibt wie eine
Linse, die die Sonnenstrahlen fängt, auf einen Punkt vereinigt und dort eine Kraft erzeugt, die
zündend wirkt, die sengend und vernichtend, doch auch heilend und belebend, segenbringend
strömen kann, die auch imstande ist loderndes Feuer zu entfachen! Und solche Linsen sind auch
wir, fähig durch unser Wollen diese unsichtbaren Kraftströmungen, die uns treffen, zu einer
Macht gesammelt auszusenden zu guten oder bösen Zwecken, um der Menschheit Segen oder
auch Verderben zuzuführen. Loderndes Feuer können, sollen wir damit entzünden in den Seelen,
Feuer der Begeisterung zum Guten, Edlen, zur Vervollkommnung!

Dazu gehört nur eine Kraft des Wollens, die den Menschen in gewissem Sinne zu dem Herrn
der Schöpfung macht, zu der Bestimmung seines eigenen Geschicks. Sein eigenes Wollen bringt

ihm die Vernichtung oder die Erlösung! Schafft ihm den Lohn oder die Strafen selbst, mit
unerbittlicher Gewißheit.

Nun fürchtet nicht, daß dieses Wissen von dem Schöpfer abtreibt, Euch den bisherigen
Glauben schwächt. Im Gegenteil! Die Kenntnis dieser ewigen Gesetze, die wir nützen können,
läßt uns das ganze Schöpfungswerk noch viel erhabener erscheinen, es zwingt den tiefer
Forschenden andachtsvoll auf die Knie durch seine Größe!

Nie wird der Mensch dann Böses wollen. Er greift mit Freuden zu der besten Stütze, die es
für ihn gibt: Zur Liebe! Zur Liebe für die ganze wunderbare Schöpfung, Liebe für den Nächsten,
um auch diesen zu der Herrlichkeit dieses Genusses, dieses Kraftbewußtseins hinaufzuführen!

Die innere Stimme

Die innere Stimme

Die sogenannte „innere Stimme., das Geistige im Menschen, auf das er hören kann, ist die
Empfindung!

Nicht umsonst sagt der Volksmund: „Der erste Eindruck ist immer der Rechte. Wie in allen
diesen und ähnlichen Redensarten und Sprüchen tiefe Wahrheit liegt, so auch hier. Unter
Eindruck versteht man durchweg das Empfinden. Was ein Mensch zum Beispiel bei einer ersten
Begegnung mit einem ihm bisher Fremden empfindet, ist entweder eine Art Warnung zur
Vorsicht bis zum vollständigen Abgestoßensein, oder etwas Angenehmes bis zur vollen
Sympathie, in manchen Fällen auch Gleichgültigkeit. Wenn nun dieser Eindruck im Laufe des
Gespräches und des weiteren Verkehres durch das Urteil des Verstandes verschoben oder ganz
verwischt wird, so daß der Gedanke auftaucht, die ursprüngliche Empfindung sei falsch gewesen,
so ergibt sich fast immer am Schlusse solcher Bekanntschaften die Richtigkeit der allerersten
Empfindung. Oft zum herben Schmerze derer, die sich durch den Verstand infolge des von
anderen vorgetäuschten Wesens hatten irreführen lassen.

Die Empfindung, die nicht an Raum und Zeit gebunden ist und mit dem Gleichartigen in
Verbindung steht, dem Geistigen, Ewigen, erkannte in dem anderen sofort die rechte Art, ließ
sich nicht täuschen durch die Gewandtheit des Verstandes.

Irrung ist bei der Empfindung völlig ausgeschlossen.

So oft es vorkommt, daß Menschen irregeführt werden, sind es zwei Gründe, die die
Irrungen herbeiführen: Entweder der Verstand oder das Gefühl!

Wie oft hört man auch sagen: „Bei dieser oder jener Sache habe ich mich einmal von
meinem Gefühle leiten lassen, und bin hineingefallen. Man soll doch nur auf den Verstand
bauen!. Solche begingen den Fehler, das Gefühl für die innere Stimme zu halten. Sie predigen
dem Verstande ein Lob und ahnen nicht, daß gerade dieser bei dem Gefühle eine große Rolle
spielt.

Darum wachet! Gefühl ist nicht Empfindung! Gefühl geht von dem grobstofflichen Körper
aus. Dieser erzeugt Triebe, welche vom Verstand gelenkt Gefühl entstehen lassen. Ein großer
Unterschied mit der Empfindung. Die gemeinsame Arbeit des Gefühles und Verstandes aber
gebiert die Phantasie.

Wir haben also auf der geistigen Seite nur die über Raum und Zeit erhabene Empfindung
*(Vortrag Nr. 86: Empfindung). Auf der irdischen Seite in erster Linie den an Raum und Zeit
gebundenen grobstofflichen Körper. Von diesem Körper nun gehen Triebe aus, die sich durch
Mitarbeit des Verstandes in Gefühl auslösen.

Der Verstand, ein Produkt des an Raum und Zeit gebundenen Gehirnes, vermag nun wieder
als feinstes und höchstes der Materie unter Mitwirkung des Gefühles die Phantasie zu erzeugen.
Phantasie ist also das Ergebnis der Zusammenarbeit des Gefühles mit dem Verstande. Sie ist
feinstofflich, aber ohne geistige Kraft. Deshalb vermag die Phantasie nur rückwirkend zu sein.
Sie vermag immer nur das Gefühl des eigenen Erzeugers zu beeinflussen, niemals aus sich heraus
eine Kraftquelle auf andere zu senden. Sie wirkt also nur rückwärts auf das Gefühl dessen, dessen
Phantasie sie ist, kann nur zu eigener Begeisterung entflammen, nie auf die Umgebung wirken.
Damit ist der Stempel der niederen Stufe deutlich erkennbar. Anders mit der Empfindung. Diese
trägt geistige Kraft in sich, schöpferische und belebende, und wirkt damit ausströmend auf
andere, diese mitreißend und überzeugend.

Wir haben also auf der einen Seite die Empfindung, auf der anderen Seite Körper-Triebe-
Verstand-Gefühl-Phantasie.

Die Empfindung ist reingeistig, steht über Raum und Zeit. Das Gefühl ist feine
Grobstofflichkeit, von den Trieben und dem Verstande abhängig, also auf niederer Stufe.

Trotz dieser feinen Grobstofflichkeit des Gefühls kann aber eine Vermischung mit der
geistigen Empfindung nie erfolgen, also auch keinerlei Trübung der Empfindung. Die
Empfindung wird immer rein und klar bleiben, weil sie geistig ist. Sie wird auch immer von den
Menschen klar empfunden oder „gehört., wenn... es wirklich die Empfindung ist, die spricht! Die
größte Zahl der Menschen haben sich aber von dieser Empfindung abgeschlossen, indem sie das
Gefühl vorlagerten wie eine dichte Hülle, eine Wand, und halten dann irrtümlich das Gefühl für
ihre innere Stimme, wodurch sie viel Enttäuschungen erleben und sich dann um so mehr nur auf
den Verstand verlassen, nicht ahnend, daß sie gerade durch die Mitwirkung des Verstandes
getäuscht werden konnten. Aus diesem Irrtume heraus verwerfen sie vorschnell alles Geistige,
mit dem ihre Erfahrungen absolut nichts zu tun hatten, und schließen sich noch mehr an das
Minderwertige an.

Das Grundübel ist wie in vielen anderen auch hierbei immer wieder die freiwillige
Unterwerfung dieser Menschen unter den an Raum und Zeit gebundenen Verstand!

Der Mensch, der sich seinem Verstande völlig unterwirft, unterwirft sich damit auch
vollkommen den Beschränkungen des Verstandes, der als Produkt des grobstofflichen Gehirnes
fest an Raum und Zeit gebunden ist. Somit kettet sich der Mensch dann ganz nur an das
Grobstoffliche.

Alles, was der Mensch tut, geschieht von seiner Seite aus und freiwillig. So wird er nicht
etwa gekettet, sondern er kettet sich selbst! Er läßt sich vom Verstand beherrschen (denn wenn er
nicht selbst wollte, so könnte es nie geschehen), der ihn nach seiner Eigenart auch mit an Raum
und Zeit bindet, ihn Raum- und Zeitloses nicht mehr erkennen läßt, nicht mehr verstehen.
Deshalb legt sich dabei über die raum- und zeitlose Empfindung durch das beengte
Begriffsvermögen eine fest an Raum und Zeit gebundene Hülle, eine Grenze, und der Mensch
vermag dadurch entweder gar nichts mehr zu hören, seine „reine, innere Stimme. ist verhallt,
oder er ist nur noch fähig, das mit dem Verstand zusammenhängende Gefühl zu „hören. an Stelle
der Empfindung.

Es erzeugt einen falschen Begriff, zu sagen: Das Gefühl unterdrückt die reine Empfindung;
denn nichts ist stärker als die Empfindung, sie ist die höchste Kraft des Menschen, kann nie von
etwas anderem unterdrückt oder nur beeinträchtigt werden. Richtiger ist zu sagen: Der Mensch
macht sich unfähig dazu, die Empfindung zu erkennen.

Das Versagen liegt immer nur an dem Menschen selbst, nie an Stärke oder Schwäche
einzelner Gaben; denn gerade die Grundgabe, die eigentliche Kraft, das Stärkste von allem im
Menschen, das alles Leben in sich trägt und unsterblich ist, ist einem jeden einzelnen gleich
gegeben! Damit hat niemand dem anderen etwas voraus. Alle Unterschiede liegen lediglich an
der Verwendung!

Auch kann diese Grundgabe, der unsterbliche Funke, nie getrübt oder beschmutzt werden!
Rein bleibt er auch im größten Schlamme. Nur die Hülle müßt Ihr sprengen, die Ihr Euch selbst
durch die freiwillige Begrenzung des Begriffsvermögens auferlegtet. Dann wird er ohne
Übergang ebenso rein und klar emporlodern, wie er im Anfang war, sich frisch und stark
entfalten und mit dem Licht, dem Geistigen, verbinden! Freut Euch dieses Schatzes, der
unantastbar in Euch liegt! Gleichviel, ob Ihr von Eueren Nebenmenschen als wertvoll angesehen

werdet oder nicht! Ein jeder Schmutz kann abgeworfen werden, der sich wie ein Damm um
diesen Geistesfunken angesammelt hat, durch ehrlich gutes Wollen. Habt Ihr die Arbeit dann
getan und den Schatz wieder freigelegt, so seid Ihr ebensoviel wert wie jeder, der ihn nie
vergrub!

Doch wehe, wer sich dauernd aus Bequemlichkeit dem Wollen zu dem Guten streng
verschließt! Ihm wird zur Stunde des Gerichtes dieser Schatz genommen, und er hört damit auf
zu sein.

Deshalb wacht auf, die Ihr Euch abgeschlossen haltet, die Ihr die Decke des Verstandes über
Euere Empfindung legtet mit der Begrenzung des Begriffsvermögens! Habt acht und höret auf
die Rufe, die Euch treffen! Sei es nun ein gewaltiger Schmerz, starke seelische Erschütterung,
großes Leid, oder hohe, reine Freude, das die verdunkelnde Decke niederen Gefühles zu sprengen
vermag, laßt nichts derartiges nutzlos an Euch vorübergehen. Es sind Hilfen, die Euch den Weg
zeigen! Besser ist es, wenn Ihr nicht erst darauf wartet, sondern mit ernstem Wollen zu allem
Guten und zum geistigen Aufstieg einsetzt. Dadurch wird die trennende Schicht bald wieder
dünner und leichter werden, bis sie zuletzt zerflattert und der noch immer reine, unbefleckte
Funke zu lodernder Flamme emporbricht. Doch dieser erste Schritt kann und muß nur von dem
Menschen selbst ausgehen, sonst ist ihm nicht zu helfen.

Dabei müßt Ihr streng unterscheiden zwischen Wünschen und dem Wollen. Mit dem
Wünschen ist noch nichts getan, es reicht zu keinem Fortschritt aus. Das Wollen muß es sein, das
auch die Tat bedingt, diese schon in sich trägt. Mit dem ernsten Wollen setzt die Tat schon ein.

Wenn auch so mancher dabei viele Nebenwege gehen muß, weil er sich bisher nur an den
Verstand gebunden hatte, so scheue er doch nicht davor zurück. Auch er gewinnt! Für ihn gilt es,
seinen Verstand zu klären, in dem einzelnen Durchleben aller Nebenwege langsam alles
Hemmende abzuschälen und zu lösen.

Deshalb unverzagt voran. Mit ernstem Wollen führt zuletzt ein jeder Weg zum Ziele!

Lebet der Gegenwart!

Lebet der Gegenwart!

Betrachtet man die Menschen, so finden sich verschiedene Abteilungen. Der eine Teil lebt
ausschließlich in der Vergangenheit. Das heißt, sie beginnen zu begreifen erst dann, wenn etwas
vorüber ist. So kommt es, daß sie sich über etwas Geschehendes weder richtig freuen können,
noch die ganze Schwere einer Sache empfinden. Erst hinterdrein beginnen sie davon zu sprechen,
davon zu schwärmen oder nachzutrauern. Und in diesem dauernd nur von dem Vergangenen
Sprechen und sich darin Wohlfühlen oder Bedauern übersehen sie stets wieder neu das
gegenwärtige Geschehen. Erst wenn es alt geworden ist, vergangen, dann beginnen sie es zu
bewerten.

Ein anderer Teil wieder lebt in der Zukunft. Sie wünschen und hoffen immer nur von der
Zukunft und vergessen dabei, daß die Gegenwart ihnen so viel zu bieten hat, vergessen auch, sich
so zu regen, daß viele ihrer Zukunftsträume Wirklichkeiten werden könnten.

Beide Teile, zu denen die größte Anzahl der Menschen gehören, haben in Wirklichkeit so gut
wie gar nicht auf Erden gelebt. Sie vertändeln ihre Erdenzeit.

Es wird auch Menschen geben, die bei dem Zurufe: „Lebet der Gegenwart. etwas ganz
Falsches auffassen; vielleicht, daß ich damit zum Auskosten und Genießen eines jeden
Augenblickes anspornen will, zu einem gewissen leichtsinnigen Leben aufmunterte. Es gibt deren
ja genug, die in dieser Weise bejahend sinnlos durch das Leben taumeln.

Wohl fordere ich mit diesem Rufe ein unbedingtes Auskosten jeder Minute, aber innerlich,
nicht oberflächlich, äußerlich allein. Eine jede Stunde der Gegenwart muß zu wirklichem Erleben
für den Menschen werden! Das Leid wie auch die Freude. Er soll mit seinem ganzen Sinnen und
Denken, mit dem Empfinden jeder Gegenwart geöffnet sein und damit wach. Nur so hat er
Gewinn vom Erdensein, der darin für ihn vorgesehen ist. Weder in den Gedanken an die
Vergangenheit noch in den Träumen für die Zukunft kann er wirkliches Erleben finden, so stark,
daß es seinem Geiste einen Stempel aufdrückt, den er als Gewinn mit in das Jenseits nimmt.

Lebt er nicht mit, so kann er auch nicht reifen, das Reifen hängt nur vom Erleben ab.

Hat er nun in dem Erdensein nicht stets die Gegenwart in sich erlebt, so kehrt er leer zurück
und muß die so versäumte Zeit noch einmal neu durchwandern, weil er dabei nicht wach war,
nichts durch Erleben sich zu eigen machte.

Das Erdenleben ist wie eine Stufe in dem ganzen Sein des Menschen, so groß, daß sie der
Mensch nicht überspringen kann. Setzt er nun seinen Fuß nicht fest und sicher auf die Stufe, so
kann er ganz unmöglich auf die nächste steigen; denn er braucht die vorhergehende als
Grundlage dazu. Wenn sich der Mensch sein ganzes Sein von dieser Erde aus zurück zum Licht
in Stufen aufwärtsstrebend vorstellt, so muß er sich darüber klar werden, daß er nur dann zu einer
nächsten Stufe kann, wenn er die vorhergehende richtig erfüllt, fest auf ihr steht. Es ist sogar
noch stärker auszudrücken: Erst aus der vollen, unbedingten Erfüllung der jeweilig zu erlebenden
Stufe kann sich die nächsthöhere entwickeln. Erfüllt ein Mensch nicht durch Erleben, das ihm
allein zur Reife dienen kann, die Stufe, in der er sich befindet, so wird die neue Stufe ihm nicht
sichtbar, weil er zu dieser das Erleben der vorherigen Stufe braucht. Nur mit der Ausrüstung
dieses Erlebens erhält er die Kraft, die nächste, höhere Stufe zu erkennen und zu ersteigen.

So geht es fort, von einer Stufe zu der anderen. Wenn er nur nach dem hohen Ziele schauen
will und nicht der Einzelstufen richtig achtet, die ihn dahin führen, so wird er das Ziel nie
erreichen. Die Stufen, die er selbst zum Aufstieg bauen muß, würden dann viel zu flüchtig sein
und auch zu leicht und bei dem Versuche des Hinaufsteigens zusammenbrechen.

Dieser Gefahr ist aber vorgebeugt durch das natürliche Geschehen, daß eine nächste Stufe
immer nur in der vollen Erfüllung der Gegenwartsstufe sich entwickeln kann. Wer also nicht sein
halbes Sein auf einer Stufe stehen bleiben und nicht immer wieder auf dieselbe zurückkehren
will, der zwinge sich, stets ganz der Gegenwart zu gehören, sie in sich richtig zu erfassen, zu
erleben, damit er geistig Nutzen davon hat.

Es wird ihm dabei auch der irdische Gewinn nicht fehlen; denn sein erster Vorteil davon ist,
daß er von den Menschen und der Zeit nichts anderes erwartet, als sie ihm wirklich geben
können! Dadurch wird er nie enttäuscht sein, ebenso in Harmonie mit der Umgebung sein.

Trägt er aber nur Vergangenheit und zukünftiges Träumen in sich, so wird er im Erwarten
sehr leicht aus dem Rahmen seiner Gegenwart hinausgreifen und muß damit in Mißklang zur
Gegenwart geraten, worunter nicht nur er leidet, sondern auch seine nähere Umgebung. Wohl
soll man auch an das Vergangene denken, um Lehren daraus zu ziehen, und auch von
Zukünftigem träumen, um Ansporn zu erhalten, doch leben soll man vollbewußt nur in der
Gegenwart!

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